Neben 1:1-Feedbacks ist es gerade in Teams populär, Feedbackrunden zu bilden. Viele der im agilen Kontext so beliebten Retrospektiven sind letztlich Feedbackrunden. Dabei geht der Tiefgang im Teamkontext über den der normalen Feedbackrunde hinaus. Ebenso gibt es einige Besonderheiten. Erfahrt in diesem Artikel, wie ihr eine solche Feedbackrunde im Team gestalten könnt und für euch das bestmögliche Ergebnis erzielt.
Die grundsätzliche Methode der Feedbackrunde
Die grundsätzliche Methode der Feedbackrunde ist einfach. Es gibt nun nicht mehr genau eine:n Feedbackgeber:in und genau eine:n Feedbacknehmer:in wie beim 1:1-Feedback. Sondern je nach Fragestellung gibt es mehrere Feedbackgeber und/oder mehrere Feedbacknehmer. Diese geben sich im Rahmen eines (On- oder Offline-)Meetings nach Aufforderung zu einer bestimmten Fragestellung Feedback.
Ein klassisches Beispiel für Feedbackrunden ist die Bitte von Workshop-Moderatoren, kurz zum Schluss reihum ein Feedback zum Workshop zu geben. Ein anderes klassisches Beispiel können Retrospektiven in Teams sein. Oder aber Feedbackrunden im Rahmen von Peer-Feedback. Alle Beispiele haben gemein, dass es sich immer um ein erbetenes oder verabredetes Feedback handelt.
Dabei kann die in der Feedbackrunde angewandte Feedback-Methode von sehr kurz bis ausführlich, von verbal über schriftlich bis hin zu visuell grundsätzlich sehr unterschiedlich sein.
Besonderheiten von Feedbackrunden im Team
Geht es um Feedbackrunden im Team, kommen nun einige Besonderheiten hinzu.
Besonderheit Nr. 1: Alle Beteiligten sind Teammitglieder
Es gibt keine Außenstehenden, sondern es herrscht das besondere Vertrauensverhältnis von Teamkollegen, die sich gut kennen und ständig im Austausch miteinander sind. Ihr könnt mit eurer eigenen Feedbackkultur und eurem gemeinsamen Verständnis von Feedback in die Runden gehen.
Besonderheit Nr. 2: Mögliche Konstellationen von Feedbackrunden im Team
1. Ein Teammitglied erbittet Feedback von mehreren anderen Teammitgliedern, um so verschiedene Blickwinkel zu einem bestimmten Thema zu erhalten.
Beispiel-Thema: Lara hat nun schon 3-mal die Team-Retrospektiven moderiert und wünscht sich nun gezieltes Feedback vom ganzen Team zu ihren Moderationen.
2. Ihr wollt euch gegenseitig Feedback zu einem Thema geben, das das ganze Team betrifft.
Beispiel-Thema: Eure Zusammenarbeit im letzten Sprint (ein klassisches Retrospektiven-Thema!)
3. Mehrere Teammitglieder wünschen sich Feedback von den anderen.
Beispiel-Thema: Stefan, Leonie und Tom haben die Teamergebnisse im All-Hands-Meeting vorgestellt und fragen nach Feedback ihrer restlichen Teammitglieder.
Ihr seht anhand dieser Beispiele, dass auch in einer Feedbackrunde im Team das Thema immer verabredet wird.
Besonderheit Nr. 3: Reaktion auf das Feedback ausdrücklich erwünscht
Im Gegensatz zu allgemeinen Feedbackrunden in unterschiedlich besetzter Konstellation bietet es sich bei Feedbackrunden im Team an, dass der:die Feedbacknehmer:in seine:ihre Sicht der Dinge darlegen kann. Wir erinnern uns an das Johari-Fenster: während das Feedback bei dem:der Feedbacknehmer:in eine Verkleinerung des blinden Flecks bewirken kann, kann das Teilen seiner:ihrer Sichtweise den öffentlichen Bereich für alle anderen Teammitglieder vergrößern und so das Wissen im Team transparenter machen.
Achtung! Natürlich soll das Teilen der Perspektive des:der Feedbacknehmer:s:in nicht in eine Rechtfertigung führen. Daher ist es wirklich wichtig, dass ihr als Feedbackgeber lernt, annehmbares Feedback zu geben. Und außerdem für euch als Feedbacknehmer lernt, Feedback besser anzunehmen.
4 Schritte, um eure Feedbackrunde im Team sinnvoll zu gestalten
Tipp: Startet mit einem gemeinsamen Verständnis von gutem Feedback
Startet mit der Feedbackrunde im Team erst, wenn ihr euch ein gemeinsames Verständnis von gut annehmbaren Einzel-Feedback erarbeiten konntet. Und euch im Team darüber ausgetauscht habt, was für euch gut und was weniger gut funktioniert hat. Wenn ihr selbst erfahren habt, dass Feedback zwar ordentlich pieksen kann (und wahrscheinlich wird). Und dass dieses Pieksen mit dem richtigen Feedbackverständnis und der richtigen Umgangsweise zu managen ist. Sprich: wenn ihr schon gelernt habt, euch besseres Feedback zu geben, das euch weiterbringt.
Das Feedback, das ihr euch voreinander im Rahmen einer Feedbackrunde im Team gebt, unterscheidet sich nicht in der Haltung zum Feedback voneinander, jedoch in der Technik.
Zur Erinnerung: eure Haltung beim Feedback geben ist die Intention, zu einem Lernprozess des:der Feedbacknehmenden potenziell beizutragen. Nicht mehr und nicht weniger. Gebt Feedback niemals aus einer anderen Haltung heraus. Feedback ist keine Kritik, Feedback verpasst keine Denkzettel und Feedback ist auch kein pauschales Lob. Feedback soll dem:der Feedbacknehmer:in dienen, um über sich selbst potenziell zu lernen.
Es ist empfehlenswert, eine Moderation z. B. in Form eines agilen Coachs hinzuzuziehen. So könnt ihr euch ganz auf die Feedback-Inhalte konzentrieren und jemand anderes hat den Prozess im Auge.
Schritt 1: Startet mit einer Fragestellung
Überlegt als Feedbacknehmer, für welche Frage(n) ihr am Ende der Runde mehr Perspektiven haben wollt. Je konkreter ihr werdet, desto präziser kann das Feedback sein. Fasst ihr den Fokus hingegen zu eng, verpasst ihr vielleicht wertvolle Hinweise, die das Bild vervollständigen können. Wählt einen guten Mittelweg.
Tipp: Achtet darauf, statt geschlossenen Fragen („Gab es an meiner Präsentation Verbesserungsbedarf?“) offene Fragen („Wie kann ich meine Präsentation das nächste Mal verbessern?“) zu stellen.
Schritt 2: Gebt euch Zeit für die Vorbereitung
Häufig ist es sinnvoll, dass ihr euren Teammitgliedern etwas Zeit gebt, um sich auf die Feedbackrunde vorzubereiten. So ist es einfacher, konkrete Beispiele parat zu haben und auch Ideen für Verbesserungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Das gilt übrigens auch für Retrospektiven! Entweder habt ihr schon eine ganz gute Ahnung im Vorfeld, was ihr in der Retro als wichtigstes Thema angehen wollt. Dann besprecht das kurz vorab und kommt so schon mit Ideen ausgestattet in den Termin. Auch die Moderation einer Retro kann auf ein bestimmtes Thema vorbereitet deutlich zielgerichteter erfolgen. Oder aber überlegt, ob es Sinn macht, in der Retro identifizierte Themen zu einem anderen Termin zu feedbacken und Lösungswege zu suchen. Einfach, damit ihr mehr Zeit habt, über Situationen und Lösungen im Licht von neuen Erkenntnissen noch einmal gründlich nachzudenken.
Schritt 3: Folgt der Struktur einer Feedback-Methode
Wählt eine Methode aus, nach der ihr euch in der Feedbackrunde Feedback geben wollt. Mithilfe einer Methode vorzugehen hat den Vorteil, dass ihr eine Struktur habt, der ihr folgen könnt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr unbeholfen die Dinge doch verletzender rüberbringt, als ihr es wollt, wird deutlich verringert.
Im Folgenden findet ihr meine 3 Methoden-Empfehlungen für eure Feedbackrunden. Probiert sie ruhig alle mal aus – vielleicht gibt es eine Methode, die euch besonders gefällt? Oder aber ihr wechselt die Methode, je nachdem, wie viel Tiefgang ihr haben wollt. Vielleicht gefällt es euch auch einfach, etwas Abwechslung reinzubringen. In allen Fällen gilt: lasst euch ausreden und versteht die Runde als einen Austausch von Wahrnehmungen, nicht von Wahrheiten!
Methode: WWW-Feedback:
Mithilfe der WWW-Feedback-Struktur formuliert ihr ein Feedback, das den folgenden Anforderungen entspricht: es ist aus der Ich-Perspektive gegeben, teilt keine vermeintlichen Wahrheiten, sondern Wahrnehmungen mit, und ist konkret. Ihr erhaltet ein Feedback, was bestmöglich nachvollziehbar ist. Euer Lernpotenzial ist dadurch sehr groß!
Wahrnehmung: Ich habe wahrgenommen, dass…
Wirkung: Das hat in meinen Augen Folgendes bewirkt:…
Wunsch: Ich wünsche mir, dass…
Beispiel:
„In der letzten Runde ist mir mehrfach aufgefallen, dass wir uns gegenseitig unterbrochen haben. Das hat in meinen Augen Folgendes bewirkt: 2 Ideen von uns wurden gar nicht mehr aufgegriffen, und ich z. B. habe in der Runde erst resigniert, mich aber im Nachhinein geärgert. Mein Gefühl sagt mir, dass gerade die ohnehin schon Stilleren sich schnell zurückziehen, wenn sie befürchten, gar nicht richtig zu Wort zu kommen. Mein Wunsch wäre, dass wir in Zukunft wieder vermehrt darauf achten, uns gegenseitig ausreden zu lassen. So können die Ideen aller berücksichtigt werden.“
Methode: ++-Feedback:
Mit dem ++-Feedback teilt ihr euer Feedback in zwei Teile:
+: Das fand ich gut!
++: Das könnte man hinzufügen, um es noch besser zu machen!
Ihr konzentriert euch auf die positiven Aspekte und gebt Hinweise, wie es für die Zukunft in eurer Wahrnehmung besser ginge, ohne explizit darauf einzugehen, was ihr (in der Vergangenheit) nicht gut fandet. Damit wird das Feedback potenziell annehmbarer. Außerdem ist diese Methode darauf ausgerichtet, auf den Punkt kurz und knackig zu sein. Gerade wenn ihr in einer größeren Runde seid, macht es Sinn, den zeitlichen Aspekt im Hinterkopf zu behalten.
Beispiel:
„Ich fand gut, dass du bei deinen Präsentationen frei gesprochen und dein Publikum direkt angeschaut hast. So konnte jeder dir gut folgen und du hattest die ganze Aufmerksamkeit. Um deine Wirkung noch zu vergrößern, könntest du das nächste Mal noch mehr Beispiele einbringen. Der Ablauf des Marketingprozesses wäre anhand eines Beispiels anschaulicher geworden.“
Methode: Start – Stop – Keep-Feedback:
Mit dem “Start – Stop – Keep”-Feedback teilt ihr euer Feedback in 3 Teile:
Start: Ich fände cool, wenn du in Zukunft Folgendes neu machst
Stop: Ich fände es hilfreich, wenn du Folgendes in Zukunft unterlässt
Keep: Das finde ich richtig gut, bitte behalte es unbedingt bei!
Auch diese Methode hat ihren Charme darin, kurz und knackig auf den Punkt zu sein. Beim Stop-Punkt hilft eine kurze Einordnung, warum ihr empfehlen würdet, damit aufzuhören. Damit kann euer:eure Feedbacknehmer:in besser nachvollziehen, woher diese Empfehlung kommt.
Beispiel:
„Beim nächsten Mal würde ich es super finden, wenn du zu Beginn einen kurzen Überblick geben könntest und erst dann in die Details gehst. Dabei fände ich es hilfreich, wenn du die historische Einordnung weglässt, denn die kennen wir eigentlich alle. Dein Fazit in der visualisierten Form fand ich phänomenal – das solltest du immer so machen!“
Schritt 4: Schließt die Runde mit einer Kurz-Retro
Besprecht kurz, was für euch hilfreich war, und wie ihr in Zukunft eure Feedbackrunden noch besser gestalten könnt. Ihr werdet um so mehr aus euren Feedbackrunden herausziehen, je mehr Sorgfalt ihr darauf verwendet, diese auch optimal durchzuführen.
Vorsicht! Was ihr im Rahmen einer Feedbackrunde im Team nie tun solltet
Stellt euch vor, einige Teammitglieder beschließen, dass ein anderes Teammitglied (und nur dieses Teammitglied), Feedback zu einer bestimmten Aktion bekommen soll. Sie berufen eine ‚Feedbackrunde‘ ein. Hier wollen sie (vielleicht sogar aus der besten Absicht heraus!) das Teammitglied mit ihren gesammelten Perspektiven bereichern.
So funktioniert das jedoch nicht!
Das Teammitglied hat nicht explizit um eine Feedbackrunde gebeten und auch das Thema nicht selbst bestimmt. Hier hat eine Mehrzahl (die ‚feedbackenden‘ Teammitglieder) beschlossen, dem einzelnen Teammitglied etwas mitzuteilen. Möglicherweise vergeht sogar noch Zeit von der Einladung zur Feedbackrunde bis zum tatsächlichen Termin. Das Teammitglied wird immer nervöser. Die Chance, dass es das Feedback überhaupt als etwas Wertvolles annehmen kann, sind sehr gering. Das Risiko, dass es sich angegriffen und unfair behandelt fühlt, ist sehr hoch. Die „feedbackenden“ Teammitglieder sind ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden, Feedback zu geben das bestmöglich ankommen kann.
Merke:
Feedback, das ungebeten von euch kommt, sollte dem:der Feedbacknehmer:in nur unter 4 Augen so angeboten werden, dass er:sie es auch ablehnen kann.
Könnt ihr euch dann gar kein personenbezogenes Feedback im Team geben?
Doch! Denn dafür habt ihr die verabredeten, themenbezogenen Feedbackrunden im Team. Wenn ihr z. B. im Team ein Thema diskutiert, z. B. im Rahmen einer Retro euren letzten Sprint mit einer Menge unerledigter Aufgaben. Jedes Teammitglied kann sich dann darauf einstellen, dass sein:ihr Verhalten in diesem Sprint gefeedbackt wird. Der Unterschied liegt hier in der Verabredung und der Haltung. Ihr zieht nicht los, um ein einzelnes Teammitglied ungebeten zu feedbacken. Sondern ihr habt euch in der Runde verabredet, um euch gegenseitig Feedback zu geben. Es wird ausdrücklich nicht nur bei einem Teammitglied Verbesserungspotenzial gesehen.
Fazit: Nutzt eure Feedbackrunden, um gemeinsam besser zu werden!
Eine Feedbackrunde mit allen/mehreren Teammitgliedern ermöglicht euch, über viele unterschiedliche Perspektiven ein Thema, das euch am Herzen liegt und zu dem ihr euch Feedback wünscht, gründlich zu beleuchten. Ihr vergrößert den öffentlichen Bereich (siehe Feedback und das Johari-Fenster) deutlich und verteilt damit euer Wissen transparenter im Team. Feedbackrunden eignen sich insbesondere bei Themen, zu denen ihr euch gegenseitig Feedback geben möchtet.
Wenn ihr das Thema Feedbackrunde in eurem Team verbessern wollt, nehmt gerne mit mir Kontakt auf!
Bei welchen Themen rund um das Thema Feedback in Teams kann ich euch unterstützen? Wo seht ihr bei euch noch Handlungsbedarf?
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